Der resiliente Mensch lässt sich in fünf Perspektiven beschreiben

Der Vorsitzende des Deutschen Resilienzzentrums Raffael Kalisch ringt in seinem Buch „Der resiliente Mensch“ (Kalisch, 2017) am Anfang regelrecht mit den verschiedensten Definitionen. So zitiert er die Definition der US-Amerikaner Tugade und Frederickson, die „Fähigkeit, durch flexible Anpassungen an die sich verändernden Anforderungen stressvoller Erfahrungen den Weg aus negativen Erfahrungen zurückzufinden“ (S. 24). Erste Variante ist also flexible Anpassung und aus Stress wieder herauskommen. 

Dann erwähnt Kalisch die Definition der Australier Walker und Salt: „die Kapazität, Störungen zu absorbieren, sich zu verändern und dabei dennoch im Wesentlichen dieselbe Funktion, Struktur und Rückmeldungen zu behalten, ohne die Schwelle zu einem anderen Systemverhalten zu überschreiten“ (S. 24), also Störungen zu absorbieren und im wesentlichen die Gleiche zu bleiben. Als dritte präsentiert er noch die von Windle, Bennett und Noyes: „Prozess des wirkungsvollen Verhandelns mit der Anpassung an oder des Bewältigens von wesentlichen Quellen von Stress und Trauma“ (S. 25), mithin ein Verhandlungsprozess zu Stress und Trauma. Was ist es nun, Fähigkeit des Anpassens oder Störungen zu absorbieren und dabei der Gleiche zu bleiben oder Prozess des Verhandelns? Mein eigener Versuch war dagegen recht bescheiden:

„Resilienz ist die Fähigkeit, mit widrigen bis sehr widrigen Umständen umzugehen.“ (Mohr, 2017, 9). Ich habe auch noch das Wort „einigermaßen“ hinzugefügt, dass mich in der Forschung von Bonanno (2012) so beeindruckt hat, weil man über eine gewisse Durchgangszeit eben nicht die absolute Symptomfreiheit erwarten sollte. Interessant ist auch noch die Bezugnahme auf die „Fähigkeit, Krisen zu meistern, gestärkt und gesund aus ihnen hervorzugehen. Resiliente Menschen haben Lebensdienliches gelernt, an Bewusstheit gewonnen und nach einer massiven Störung wiederum Vertrauen zu sich selbst und der Zelt entwickeln können“ (Höher, 2018, 49). Hier wird das Moment des Wachsens, das auch in der Formulierung „posttraumatic growth“ zum Ausdruck kommt, hervorgerufen. Es scheint also ein durchaus komplexe Fähigkeit zu sein. Kalisch entschließt sich am Ende zu: „Resilienz ist die Aufrechterhaltung oder schnelle Wiederherstellung der psychischen Gesundheit während und nach Widrigkeiten. (S. 28).  

Menschen sind resilient

An der Hebrew University habe ich den Resilienzforscher Daniel Brom kennengelernt, der auch einen sehr optimistischen Resilienzansatz vertritt (Brom, 2014). Der überwiegende Teil der Menschen finde selbst nach schweren Einschnitte wieder gut zurück. Er merkt allerdings an, dass jeder Mensch im Durchschnitt mindestens einmal von einem potenziell traumatischen Ereignis betroffen wird, eine Tatsache, die viele nicht im Bewusstsein hätten. Den meisten Menschen gelingt es, auch schwierigste und äußerst belastende Situationen nach einiger Zeit einigermaßen zu meistern. George Bonanno, der Doyen der Resilienzforschung, der die verschiedenen „Trajectories“, also Gesundheitsverläufe nach potenziell traumatischen Ereignissen mit einem sehr hohen Prozentsatz an Recovery-Verläufen sieht

Die Konzeption von Kalisch ist der Transaktionsanalyse gar nicht fremd. Er hat die Resilienztheorie auf neue Beine gestellt weg von einem fähigkeitenorientierten („Säulen“-)Ansatz hin zu einem Prozessansatz. Dies lässt sich hervorragend mit transaktionsanalytischen Konzepten verknüpfen, weil auch in der Transaktionsanalyse das Zusammenwirken verschiedener Aspekte sehr aussagekräftig ist. So sind das aus dem Racketsystem entwickelte positive Skriptsystem oder auch Das Resilienzquadrat, das verschiedene menschliche Aufmerksamkeitsperspektiven aufzeigt  und der Resilienz- und Stresskreis, der die Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten auf der Ebene klassischer TA-Konzepte verdeutlicht, hier Modellhinweise.  

Hebrew University

Meine eigene Studien an der Hebrew University Jerusalem in 2014, 2015 und 2016  haben mich gelehrt, dass Resilienz wirklich in erster Linie auf sozialen Faktoren beruht. Dies bedeutet, dass es nicht in erster Linie psychologische Fähigkeiten einer Person sind, wie es etwa die 7-Säulentheorie  postuliert. Es ist der soziale Kontext, das Umfeld eines Menschen, der zentrale Resiienzfaktor ist. In den Studien beispielsweise mit Soldaten von israelischen Spezialeinheiten zeigte sich, dass die sowohl von den psychischen als auch physischen Aspekten her als hervorragend getesteten Soldaten in der tatsächlich eingetretenen Traumasituation mit der Situation nich unbedingt zurecht kamen, Es waren nur die, die danach auf ein unterstützendes soziales Umfeld zurückgreifen konnten. Selbst Studien, die die Wirksamkeit einer spirituellen Haltung für die Resilienz behaupten, zeigen bei genauerer Draufsicht, dass sie soziale Faktoren als wichtig offenbaren. Denn die Studien wurden fast ausnahmslos bezüglich der spirituellen Orientierung in US-amerikanischen christlichen Gemeinden durchgeführt. Der Gemeinde- und Gemeinschaftseffekt, die externe Ressource des sozialen Umfeldes, zeigte sich als der zentrale Faktor. Das Resilienzquadrat (Mohr, „Resilienzcoaching“) zeigt das Zusammenwirken mit drei anderen Themenbereichen auf.

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