Günther Mohr, Hofheim bei Frankfurt

Mit Briefmarkensammelstrategie zur finanziellen Freiheit 

  • Briefmarkensammelstrategie bei der Aktienanlage bedeutet, verschiedenste Aktien von Unternehmen, deren Geschäftsmodell man versteht und unterstützen möchte, zu sammeln und sich dann an den gesammelten Werten zu freuen. Es ist also ein deutlich emotionaler Punkt dabei, Freude über die einzelnen Unternehmen, an denen man Anteile hat. 
  • Ich schaue mir meine „Marken“ auch der Reihe nach immer mal an und prüfe, wie sie sich entwickeln; bei einer Besonderheit recherchiere ich im Internet, was gerade los ist. 
  • Man lernt in der Beobachtung und Verfolgung der Entwicklung der Papiere, die man hat, viel über Verläufe, Erfolge und Misserfolge. „learning by doing“ sowie by „try and error“.
  • Generell gilt aber: Nur Werte, wo etwas Nachvollziehbares dahinter steckt, sollte man aufnehmen. Durch dieses Raster fiel bei mir beispielsweise Wirecard immer durch. 

Welche Strategieelemente birgt diese Vorgehensweise?

Strategieelement 1: Grundlegende Wirtschaftsauffassung

  • Das Ganze basiert auf der Grundüberzeugung, dass Unternehmern die Wirtschaftstreiber in aller Welt sind. Unternehmen in aller Welt wollen etwas erarbeiten. Überall sind viele Menschen tätig. Sie bemühen sich kreativ und eifrig, um Ergebnisse zu erzielen.
  • Unternehmen haben für die Verwirklichung ihrer Ideen einen Kapitalbedarf. Den decken sie zu einem Teil mit Eigenkapital, was wiederum kleine Beteiligungen an Unternehmen ermöglicht. Das wird vergütet mit Steigerung des Unternehmenswertes und Dividende.
  • Ich will hier bewusst nicht von Kapitalismus sprechen, weil es „den“ Kapitalismus nicht gibt. Der rheinische, deutsche Kapitalismus ist etwas anderes als der amerikanische. 
  • Auch die sozialen Rahmenbedingungen des Arbeitens und Wirtschaftens haben Bedeutung. Wenn in Ländern wie Norwegen, Schweden oder Singapur der Staat Fonds für die Gesellschaft und ihre Altersvorsorge aufbaut und hält, ist es eine kapitalgedeckte Altersversorgung anders als das nicht kapitalgedeckte Umlageverfahren in Deutschland. Auch die Schweiz, in der alle, Arbeiter, Angestellte, Beamte und Selbständige in eine Sozialversicherung einzahlen, funktioniert hier anders als das deutsche zerstückelte System. 
  • Also ich beobachte aufgrund meines Hintergrundes als Volkswirt die Wirtschaft, gehe aber  dem Kapitalismus genauso wie seinen Fundamentalkritikern nicht auf den Leim.

Strategieelement 2: Aktuelle Wirtschaftssituation berücksichtigen

  • Zurzeit gibt es nicht viel gute Anlagealternativen.
  • Es gibt Nullzinsen, deutliche Inflation, aufgrund einiger Ursachen, zusammen mit einer expansiven Wirtschaftspolitik noch aus der Finanzkrise resultierend.
  • Mittlerweile gibt es wieder nennenswert  festverzinsliche Staatsanleihen, die einen bestimmten, oft auch kleinen Zinssatz ermöglichen, allerdings für die Gesamtstabilität des Wirtschaftssystems wichtig ist.. Der Realzins war auch früher durch Inflation oft auch nicht besonders hoch, aber die Alternativer bestand real und psychologisch, also als sicheres Einkommen. 

An Realwerten gibt es heute wesentlich nur Immobilien und Aktien, wenn einmal eine mögliche Sicherheitsreserve in Gold einmal außer Acht lässt. Aber Gold ist keine produktive Anlage, die regelmäßig Rendite abwirft. Immobilen, also vermietete Wohnungen, bedeuten manchmal sehr zu viel Stress bei Konflikten mit Mietern. Außerdem ist die Einzelinvestition sehr groß. Große Investitionen sind die riskantesten im Leben. Man kann viel verlieren mit großen Projekten, teuren Wohnungen, Autos,….

Strategieelement 3: Es gibt keine Supereinzelinformationen

  • Darüber hinaus kann man nichts sagen. Alle Informationen sind aus zweiter Hand. Sie müssen es irgendwie in die Aufmerksamkeit geschafft haben. 
  • Mehr Information als der Markt und die Profis habe ich als kleiner Investor nicht. Informationen kommen über Medien zu mir. Das heißt immer mittelbar. Andere, im Zweifelsfalle Profis, die sich nur damit beschäftigen, haben sie vorher.
  • Die Profis aus den Investmentgesellschaften haben allerdings einen ganz anderen Druck als der kleine Privatinvestor. Sie werden laufend gemessen, müssen den Markt schlagen etc., haben hohe Kosten. Deshalb sind Fonds keine Alternative. 

Strategieelement 4: Risikobewältigung durch breite Streuung

  • Erfahrung: breite Streuung ist gut, die Kapitalmarkttheorie spricht dafür, aber auch „breit gestreut, nie gereut“ (Beate Sander);
  • Am besten Die Welt AG, also absolute breite Streuung
  • Gegensatz: z.B. Cathy Wood mit ihren einseitig auf Zech-Werte konzentrierten ARK-Fonds fährt eine ungeheuer riskante Strategie

Strategieelement 5: Keine größeren Positionen

  • Aus Risikogründen: keine größeren Positionen bei Einzelpositionen, weil Einzelunternehmen ein hohes Risiko bergen
  • Nortel-Erfahrung: hervorragendes Hightech-Unternehmen, tolle Leute, selber für das Unternehmen gearbeitet; aber dann Bilanzmanipulationen
  • Einzelne Finfluencer, die angeblich große Summen in einzelnen Gamingwerten oder in Tesla haben, fahren Riesenrisiko. Das ist eine einseitige, äußerst riskante Hoffnung. Die teile ich nicht. 

Strategieelement 6: Finanzielle Freiheit als Ziel, Altersvorsorge 

  • Finanzielle Freiheit bedeutet nicht „nicht mehr zu arbeiten“. Es bedeutet nicht von irgendjemandem finanziell abhängig zu sein. 
  • Ich muss zurzeit nicht dran an das Geld. Ich arbeite und verdiene Geld. Das Aktiendepot ist der Garant der finanziellen Freiheit, auch der Freiheit in meiner Arbeit nein zu sagen. 

Strategieelement 7: Buy and hold

  • Kaufen und Verkaufen, das ist riskant und ich habe damit keine guten Erfahrungen: „Hin und her macht Tasche leer.“ (Beate Sander) 
  • Fast alle meine Verkäufe in den letzten zwei Jahren hätte ich nicht machen sollen. 
  • Dennoch verkaufe ich, wenn ich Managementfehler zu sehen glaube: z.B. K+S, Curevac. Teamviewer halte ich noch, weil ich noch Chancen sehre, das auszubügeln. 
  • Die, die meine Strategie bestätigen: Andreas Beck (Streuung), Beate Sander, (Streuung), Tim Schäfer (buy and hold)

Strategieelement 8: Wie einzelne Aktien aussuchen?

  • Wie aussuchen aus den 8000 Unternehmen, die es gibt? 
  • Man könnte sagen, dann nimm doch den MSCI-World. Das ist mir zu langweilig. Ich halte da nur eine kleine Position zum Vergleichen, wie mein Depot zum MSCI World abschneidet.
  • Grundsätzlich freue ich mich, wenn ich eine Branche entdeckte, in der ich noch nichts habe, die aber gut arbeitet und zum Leben der Menschen beiträgt.
  1. Einzelimpulse: 

– ich schaue gerne Börsenbeiträge, z.B. auf youtube 

  • Vielleicht imponiert mir Maydorn, der hat aber auch schon mächtig schief gelegen, ich meine mich an seinen positiven Kommentar von DHT, zu Varta etc. zu erinnern. Tim Schäfer ist klasse mit seiner bescheidenen Einstellung und dem Minimalismus, wären aber alle so, würde der Kapitalismus ein wenig kleiner ausfallen. Und der Tim findet alles „superspannend“. Das heißt aber nichts. Seine Begeisterung für Themen gefällt mir aber. 
  • Schaue mir die Depots der „Meister“ an, wie Markus Elsässer, den ich gut ertragen kann. Andere, Dirk Müller, der Renommee hat, aber seine einseitige Strategie mit – man könnte fast sagen – Crashhoffnung dickköpfig vertritt, überzeugen mich nicht. Max Otte hat mir früher imponiert mit seiner Crashprognose, mittlerweile finde ich ihn politisch schlimm. Außerdem betreibt der mit seinen Fonds normale Fondsstrategie. Das beißt sich mit seiner Crashprognose. Da ist Müller schon konsequenter. Die Leute, die noch extremer Investment mit einer rechten politischen Meinung, narzisstischem Besserwisser-Auftreten oder ständigem Eigenmarketing verbinden, gehen gar nicht. Ich will hier gar keine Namen nennen. 
  • Bei den Börsen-youtubern muss man selbst etwas aufpassen, weil die immer recht übereinstimmend bestimmte Werte in der Aufmerksamkeit haben, dass man nicht Opfer der häufigen Nennung wird.

B. Eher in kontinuierlicher Steigung befindliche Werte kaufen

  • Lieblingschart: kontinuierlich mit leichter Steigung ansteigend. 
  • Eine gewisse Dividende (2 %) ist auch nicht schlecht, aber bei Growth-Werten nicht im Vordergrund. Dividende bekommen macht psychologisch Spaß. Eher wie „bedingungsloses Grundeinkommen“ als kleine Ergänzung des freiberuflichen Arbeitseinkommens.
  • Nicht Mehrdesselben: Wenn ich aus einem Markt schon einige habe (Autos, IT, ÖL,…) nicht noch mehr Aktien, weil dann ein Klumpenrisiko entsteht (siehe Erfahrungen im Bankenmarkt und auch bei Ölwerten).
  • Einige Grunddaten sollten stimmen: KGV vertretbar, Verschuldung vertretbar
  • Gute Indizien: Profianleger sind auch drin (Blackrock, Vanguard…). Ein(e) Eigentümer/ Eigentümerfamilie ist noch beteiligt.  
  • Keine Reddit-Spekulationen, so interessant die sind. Habe leider keine Zeit da dran zu bleiben. 

C: Für Spezialthemen eigenen kleinen ETF basteln 

  • Eigene kleine ETFs in Sondermärkten basteln. Z.B. 4 Werte kaufen, die den Markt bilden zu je 500 Euro. Beispiele Wasserstoff, Cannabis, Lithium.

D: Verkaufen

  • Verkäufe habe ich fast immer bereut, deshalb kaum Verkäufe
  • Zm Beispiel: K+S verkauft, als K+S bei fast allen Werten und der Managementbeurteilung schlechter aussah, aber dafür positionsgetreu ausgewechselt, wie man im Fussball sagt, „branchengetreu“ Nutrien gekauft, aber seltener Fall, dass so etwas möglich ist.

E: Was nicht ins Depot kommt?

  • Zigarettenwerte schon ganz lange keine mehr; sind zwar Dividednenbringer, aber sie verdienen schon an der Sucht der Menschen, was in meinen Augen nicht geht
  • Ähnlich Casinobetreiber
  • Auch Südzucker verkauft: wegen dem, was sie produzieren
  • Rüstung lässt sich nicht vermeiden, sonst müsste man alle Tech-Werte und Autowerte rausschmeißen; hier hat sich 2022 auch der Wind gedreht: es ist keine Frage mehr, ob Verteidigungspolitik nicht auch nötig ist

F: Alternatives/Grünes

  • ja, freue ich mich sehr, wenn ich da etwas finde, aber nicht einfach
  • Beispiele: Encavis, UPM Kymmene, Wolters-Kluwer, Shimano, Stryker, Novo Nordisk.
  • ESG- Richtlinien überzeugen mich nicht: denn die lassen Apple, Alphabet, Microsoft etc. in hohem Maße zu, die mit Sicherheit auch andere Marktkonkurrenten schlecht behandeln, was für mich bzgl. Governance problematisch ist. Ich vermute, dass diese Firmen bei der Erstellung der Richtlinien nicht unbeteiligt waren. Wohl bemerkt, ich schätze die FAANG-Werte, aber das ESG-Argument überzeugt mich da nicht. 
  • Wenn die offiziellen ESG-Regeln nicht gehen, braucht es eigene Regeln. 
  • Habe mir dazu beispielsweise die Depots von Oekoworld angeschaut. Die erscheinen mir vertrauenswürdig. Würde heute auch Oekoworld Leuten, die keine Zeit oder Lust haben, sich damit zu beschäftigen, trotz der relativ hohen Begleitkosten empfehlen. Ich hoffe, die Firma bleibt koscher. Aber so ganz weiß man das nie. 

G: ETF ergänzen als Vergleichsmaßstäbe und da, wo ich zu wenig weiß

  • Dow Jones und Nasdaq, damit ich sehen kann, wie der Gesamtmarkt gerade läuft. Dazu habe ich auch zwei Fonds, alles mit kleinen Einlagen (max. 1000€)
  • Länder und Regionen, die wichtig sind, wo ich nicht soviel über einzelne Unternehmen weiß, decke ich mit ETF ab, z.B. Lateinamerika, Indien, Japan. Habe auch aus Japan Einzelwerte. Dies liegt aber daran, dass ich in Japan war und gesehen habe, dass die Getränkeindustrie sehr wichtig ist, daher Asahi-Brauerei. Aber sonst super Shimano wenig.
  • Auch mit Gaming oder KI kenne ich mich nicht aus, deshalb kleine Positionen in ETF. 
  • Wie oben gesagt: Für Spezialthemen eigene kleine ETFs gebastelt, was Spaß macht: z.B. Wasserstoff oder auch Impfstoffe (Astra, Moderna, Biontec, Curevac, Novavax, Sinopharm, Anges, Valneva), auch für. Cannabis. 

H. Vorsicht bei politisch unklaren Ländern

  • z.B. China: weil unberechenbar, habe nur vier (zwei Große: Alibaba, Tencent, Zwei Werte aus interessanten Märkten: Jinkosolar für Solar und Sinopharm als Impfstoffwert)

I: Managementversagen

  • Grund zum Verkaufen: K+S. Curevac habe ich nicht wegen der schlechten Wirksamkeitswerte des Impfstoffes, sondern wegen eines aus meiner Sicht problematischen Verhaltens des Managements (schneller Verkauf ihrer eigenen Aktien)  verkauft.  
  • Wirecard nie besessen, war mir immer suspekt wegen der Berichte in der Financial Times

J: keine IPOs

  • IPOs werden oft von den ausgebenden Leuten zum Kasse machen genutzt. Ich meine festzustellen, dass der Kurs dann meistens erst einmal sinkt

Zusammenfassung:

Bin jetzt zehn Jahre mit der Strategie unterwegs. Habe mit Brot und Butter-Werten begonnen und zunehmend Branchen ergänzt. Im März 2020, dem Coronacrash, war ich wieder bei Null Ertrag, aber auch kaum drunter. Mittlerweile mit dem Allgemeindepot fast 48 % Zuwachs, mit einem kleinen, mehr auf Zukunftstechnologien gerichteten Depot 7 Prozent Zuwachs. 

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